Anleitung, die Deutschen zu lieben

Kapitel I (2 Teil)

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Die Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland erinnern mich an Truffauts unvergeßlichen Film Jules et Jim. Der Deutsche Jules und sein französischer Freund Jim, entzweit und vereint durch die Liebe zur rätselhaften, kapriziösen Käthe mit dem Lächeln einer griechischen Statue. Es ist eine wahre Geschichte, die der Kunst­händler Henri-Piene Rocher in hohem Alter schrieb und der Regis­seur zufällig an einem Bücherstand an der Seine entdeckte. Im Kino verzweifeln Jules und Jim wegen der unwiderstehlichen Jeanne Moreau, aber die echte »Käthe« war keine Französin, sondern die Deutsche Helene Hessel, Ehefrau des Dichters Franz Hessel, der auch Freund und Liebhaber der Schriftstellerin Franziska zu Reventlow war.

Käthe löst die unmögliche Dreiecksgeschichte, indem sie den Franzosen Jim mit sich in den Tod reißt; sie ertrinken mit dem Auto im See. Hier sind Helenes Todesdrohungen gegen Henri übertragen, der, wie sie fand, zu viele Freundinnen hatte. In Wirklichkeit hat sie alle beide überlebt; inkognito war sie bei der Premiere des von ihr inspirierten Films anwesend, und anscheinend hat er ihr gefallen.

Frankreich und Deutschland lieben sich also, aber ihr Verhältnis ist immer konfliktbeladen und von einem erotischen Todesgefühl beseelt. Trotz Napoleon und drei Kriegen in hundert Jahren geben sich Franzosen und Deutsche einander »vor jedem anderen europäischen Volk« den Vorrang. François und Helmut duzen sich und lassen sich, am 22. September 1984 in Verdun, unverfroren Hand in Hand photographieren, wie Jules und Jim leicht gealtert, halb kahl und dicker geworden. Aber das macht nichts.

In den Bunkern der Maginot-Linie, die nichts brachte und die zu entfernen unmöglich ist, werden Pilze gezüchtet, Champignons, die auch in deutschen Restaurants serviert werden. Die Amerikaner und Engländer, ganz ohne fairplay, wollten Kohl bei den Gedenkfeiern anläßlich der Landung der Alliierten an den Stränden der Normandie nicht dabeihaben; Mitterrand hat ihn mit einer glanzvollen Einladung getröstet und die deutschen Truppen am 14. Juli unter dem Arc de Triomphe hindurchmarschieren lassen.

Die gemischte deutsch-französische Brigade, die unweit vom Rhein in Böblingen stationiert ist, gilt als Vorbild für das zukünftige europäische Heer. Natürlich dient die Brigade eins-deux, wie sie spöttisch genannt wird, auch dazu, die Deutschen »im Zaum zu halten«, zumindest in ihren Absichten, aber Argwohn ist in einer leidenschaftlichen Beziehung ja auch unverzichtbar. Paris sieht die Ausdehnung Deutschlands nach Osten mit Sorge, aber Frankreich hat von allen Ländern am meisten in der früheren DDR investiert. Ob sie nun Deutsche oder Französin ist, die rätselhafte Käthe macht Jules und Jim unzertrennlich.

Der Osten ist hin- und hergerissen zwischen der Leidenschaft für die Deutsche Mark und der Angst, en bloc vom allzu reichen Deutschland aufgekauft zu werden. Deutsche Manager investieren, angelockt von niedrigeren Löhnen, viel lieber in Mitteleuropa und den baltischen Staaten als in der früheren DDR. In allen Ländern des ehemaligen kommunistischen Blocks steht die Bundesrepublik mit Investitionen und Joint-ventures an der Spitze, und der Tscheche Eduard Goldstücker fragt sich, ob sein Land seine Identität bewahren oder in zwei oder drei Generationen in die deutsche Nation eingehen will.

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