Anleitung, die Deutschen zu lieben

Kapitel I (3 teil)

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Außerhalb Deutschlands müssen sie nicht mehr unbedingt so tun, als seien sie typisch deutsch. Nimmt man ihnen ihre kurzärmeligen karierten Hemden und ihre Hosen, ob aus Leder oder nicht, weg, hat man einen neapolitanischen Gassenjungen vor sich. Wenn sie aber versuchen, den Italian way of life zu imitieren, dann tun sie dies immer mit einer Art Schuldgefühl, wie viele von Don Giovanni verführte Zerlinen, die zwar begehren, aber nicht fähig sind, sich ganz und gar der Lust hinzugeben. Es ist ein Zwischenspiel, eine Art Urlaub von sich selbst. Schon denken sie an den Augenblick, da sie nach Hause zurückkehren und sich wieder verstellen müssen.

Die Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das noch an den Karneval glaubt, wie Kinder, die beharrlich an das Christkind oder den Weihnachtsmann glauben. Für die Bewohner von Venedig oder Viareggio ist der Karneval nur ein touristischer Vorwand, um auch im Winter noch Geld zu machen. Für die Deutschen nicht, für sie ist Fasching ein durch und durch ernsthaftes Ritual. Wer bei uns politische Karriere machen will, wird Präsident einer Fußballmannschaft; in Deutschland wird er Faschingsprinz, was beileibe kein Ehrenamt ist, denn er muß tief in die Tasche greifen. Und die amtierenden Politiker beugen sich geschlossen den Bräuchen ihrer Wähler, sie hopsen mit treuherzigen blonden Mädchen einen rührseligen Cancan oder marschieren zwischen Gladiatoren und napoleonischen Gardisten einher.

Aber nicht überall in Deutschland, sondern im Süden und am Rhein, also in jenen Gegenden, die den mediterranen und charmanten Nachbarn am nächsten sind. Die Ausschweifung, die daheim auf dem Programm steht, ist eine lebensnotwendige Pause, um nicht verrückt zu werden. Auch das Münchner Oktoberfest ist eine Art Fasching ohne Masken, ja sogar ohne Kleider, denn das Bier liefert das Alibi, sich der Gewohnheiten und Hosen zu entledigen und sich gehenzulassen. Nicht eine Minute eher und keinen Augenblick später. Es ist wie Ausgang zu haben, ohne kontrolliert zu werden.

Am Wochenende ist man dann in der Wirtschaft oder im Restaurant von Tischen umgeben, an denen laut geredet und gegrölt wird. Es ist ein Mittelweg: Man ist frei, aber nicht ganz, wie das Gelächter der Tischgenossen verrät, das zu laut, zu schrill und leicht hysterisch ist. Das Lachen setzt sich von Tisch zu Tisch fort, wie eine Rollbrandung steigt es und zieht sich wieder zurück und erlischt in einem halb überraschten, halb verlegenen Schweigen, um dann pünktlich, anhaltend, aufdringlich wieder anzuheben. So lachen Jugendliche bei einem verbotenen Spiel. Sie begehen keine Sünde, sie tun nur so, so wie sie für den Rest der Woche, den Rest ihres Lebens die Rolle des Deutschen von echtem Schrot und Korn spielen.

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